Lost Chronicles

Normale Version: [Beendet] Curiosity killed the cat
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Cai hätte es beileibe nicht zugegeben, aber einerseits war er sehr überrascht über Athaíns Worte, welcher es mit seiner Entschuldigung anscheinend sehr ehrlich meinte und sich selbst da anscheinend auch nichts schenkte und andererseits waren die durchaus lobenden durchaus Balsam für Ego und die Seele. Und sein Grinsen, welches er zu Athaín zurück schoss. hatte mittlerweile einen leicht selbstgefälligen Zug bekommen, wenn auch völlig unbewusst.
“Du dich auch!” gab er schlagfertig zurück und auch wenn Athaín das Grinsen nicht sehen konnte, so war es doch sehr deutlich in seiner Stimme zu hören, gemeinsam mit einer ebenso starken Portion Selbstbewusstsein, welches auch wieder in ihm aufgeflammt war.
Zwar hatte er noch keine eindeutige Vorstellung davon, warum genau fast alle früheren Flügelmänner Athaíns irgendwann das Handtuch geschmissen und aufgegeben hatten, denn auch hier gab es eine vielzahl von Gerüchten und Geschichten welche am Drachenfelsen kursierten und außerdem hatte er sich ohnehin in den Kopf gesetzt, sich ein eigenes Bild zu schaffen. Ansonsten hätte er sich wohl auch gar nicht erst die Mühe gemacht in den Sachen seines Schwingenbruders herumzustöbern, sondern hätte sich wohl ebenso schnell wieder zurückgezogen. Wenn man es nicht ganz so ernst sah, konnte man also durchaus sagen, dass sein doch eher indiskretes Schnüffeln, viel eher ein Zeichen dafür war, dass er den weißhaarigen Drachenreiter nicht so schnell aufgeben würde.

Halbdrachen waren hier beim Orden ja nicht unbedingt eine Seltenheit. Es schien eher nur verständlich dass die Drachenaffinität bei ihnen nur umso häufiger auftrat, schließlich floss das Blut dieser großen und majestätischen Wesen zum Teil durch ihre Adern. Aber überall sonst wurde ihnen mit größtem Misstrauen und Abneigung, ja manchmal sogar mit Furcht und Aggressionen begegnet. Cai wusste das. Er konnte also irgendwie verstehen, warum Athaín sein Gesicht all die Jahre verbarg, schien es doch einfacher der Bilnde zu sein und nicht der Halbdrache. Also… war es ein Schutzmechanismus, diese harte und kalte Mauer, hinter welcher der Drachenreiter sich verbarg und Cai musste feststellen, dass er ihm irgendwie Leid tat. Alles was ihm fehlte war ein guter Freund der zu ihm hielt.
Die Drachenaugen blickten ihm bewegungslos und starr entgegen, während er das sonst so fein geschnittene Gesicht musterte. “Gut… ich geb zu, es ist... gewöhnungsbedürftig. Aber nicht wovor man Angst haben müsste. Sieht ein wenig bedrohlich aus. Drachenaugen sind nun mal die Augen eines Jägers…” Ja, manchmal war es so als würde alles was dem jungen Drachenreiter mit dem wirren Rotschopf durch den Kopf ging, ziemlich ungefiltert gleich aus seinem Mund heraus kommen, allerdings konnte man ihm so auch nicht wirklich vorwerfen er seie unehrlich und falsch.

Cai hatte ganz einfach: ehrlich währt am längsten, zu seiner Lebenseinstellung gemacht. Ehrlich und Neugierig…
Ja, vielleicht war es also nicht ganz so zufällig, wie man hätte meinen können, dass seine Finger kurz die goldenen Schuppen an Athaíns linker Schläfe streiften als der die helle Stoffbinde anhob und um den Kopf des Weißhaarigen schlang. Er hatte dem Drang, herauszufinden ob sie sich auch wirklich wie Drachenschuppen anfühlten, einfach nicht widerstehen können und so schnell würde eine solche Gelegenheit ohnehin nicht wiederkommen.
“deine Halbschwester?” hakte er nach, während er sich selbst mahnte, dass er nicht ständig fragend wiederholen durfte was Athaín sagte, er würde sonst noch wie ein dümmlicher Papagei klingen. Allerdings schob sich sogleich ein Grinsen auf sein Gesicht “Nun, eure Verwandtschaft erklärt zumindest einiges…”
Den Stoff ordentlich festzubinden ohne dass sich die langen Haare des Drachenreiters im Knoten verfingen, war allerdings schwieriger als gedacht und Cai hatte die Zunge konzentriert zwischen die Lippen geklemmt und musste auf Athaíns Aussage prompt lachen “Na wenigstens etwas scheine ich zu können. Aber glaub bloß nicht dass dieser Service jetzt zur Gewohnheit wird!”
"Na dann - überrasch mich", grinste der Hellhaarige, dem die Änderung im Tonfall seines jüngeren Schwingenbruders nicht entgangen war. Da wollte anscheinend jemand gern von der Leine gelassen werden. Athaín verstand das. Es war lange her, aber er erinnerte sich noch gut an das Gefühl es allen zeigen zu wollen. Auch er hatte sich damals nicht davon einschüchtern lassen, dass man es hier als Grünschnabel nicht nur mit Kämpfern zu tun hatten, die mehr Erfahrung besaßen als man selbst - das traf schließlich auch auf einen Bäckerlehrling zu - sondern dass viele dieser erfahrenen Kämpfer einem ganze Jahrhunderte voraus hatten, und es deshalb ungleich schwieriger war sich einen Platz in ihrer Mitte zu erobern. Viele - oder sogar die meisten - jungen Drachenreiter kapitulierten anfangs vor dieser Herausforderung. So war es bei Athaín nie gewesen, und anscheinend brannte in Caius ein ähnliches Feuer.

Nun musste sich noch zeigen wieviel davon lediglich heiße Luft war, die spätestens dann verpuffen würde wenn etwas gründlich in die Hose ging und vielleicht sogar jemand dabei den Tod fand. Ein Mann wurde an seinen Erfolgen gemessen, aber er wuchs an seinen Misserfolgen - oder fiel unter deren Last in sich zusammen. Athaín verfügte über diese Weisheit, verzichtete aber darauf sie unters Volk zu bringen. Erstens hörte sowieso niemand zu wenn man Vorträge hielt, und zweitens war er alles andere als ein Meister gedrechselter Worte. Der Junge würde es ohnehin herausfinden, ob mit oder ohne sein Zutun. Jetzt jedoch - blickte er ihm erst einmal ins Gesicht und bekam zu sehen wovor die meisten Menschen gewöhnlich zurückzuckten. Drachenmerkmale zu besitzen war nicht einfach nur ein Makel, wie verkrüppelte Glieder oder fehlende Sinne. Sie waren ein Mal der Schande, legten sie doch den Frevel der Eltern schonungslos offen. Warum es als ein Frevel galt wusste niemand. Zumindest war Athaín noch keinem begegnet, der es wusste. Vielleicht lagen die Gründe in grauer Vorzeit verborgen, aber wie dem auch war - es war besser nicht mit seiner Abstammung hausieren zu gehen.

Der Ältere musste ein wenig schmunzeln, als die Worte ungeordnet aus dem Mund des Knaben hervor purzelten. Sie klangen so ungelenk wie ehrlich, was etwas Erfrischendes hatte. Die durchdringend gelben Augen blieben dabei starr und von jeder Mimik ausgenommen, was durchaus... ein wenig unheimlich wirken konnte. "Zum Jagen taugen sie nicht besonders", merkte Athaín trocken an. "Ich habe noch nicht herausgefunden wozu sie taugen - außer einer zweiten Karriere im Kuriositätenkabinett. Aber... danke, Kleiner. Das ist...", er runzelte die Stirn und legte eine nachdenkliche kleine Pause ein, bevor er bekräftigend nickte, "... eins der nettesten Dinge, die man je zu mir gesagt hat." Das war ehrlich gemeint, und tatsächlich schien der mürrische Zug zumindest ein wenig aus dem Gesicht des Hellhaarigen gewichen zu sein.

Etwas Warmes strich über seine Wange und irritierte ihn ein wenig. Die Schuppen fühlten sich seidig und glatt an, so wie die feineren im Gesicht und an der Kehle eines echten Drachen. Allerdings wiesen sie auch nicht soviel Gefühl auf wie menschliche Haut. Die Berührung war zwar zu spüren, aber gedämpfter, so als würde man über einen Fingernagel streichen. Deswegen wusste Athaín sie nicht wirklich einzuordnen, und auch nicht zu sagen ob sie versehentlich stattfand oder mit Absicht, bevor sie auch schon wieder vorbei war und der fest gewebte, aber nicht raue Stoff des Tuches sich über sein Gesicht legte. Ein vertrautes Gefühl. "Wir sind nicht zusammen aufgewachsen", fügte er erklärend hinzu und musste grinsen. Was sollte Caius auch großartig sagen? Oh wie schön, wie war denn eure Kinderstube eingerichtet? Er hielt jedoch geduldig still und moserte nicht, als es beim Verknoten des Tuchs ein wenig ziepte. Das mit den Haaren passierte ihm selbst auch andauernd.

"Na, dann wollen wir doch mal sehen in was du noch gut bist", nickte er. "Für heute würde ich gern aus der Rüstung und in einen heißen, nassen Zuber steigen. Wie wär's mit morgen? Ich habe gehört, in der Gegend um Windfall soll sich mal wieder was tun. Also wie sieht's aus? Lust in ein paar verseuchte Ärsche zu treten?"
Athaín lag mit seiner Einschätzung nur zu richtig. Cai brannte nur darauf endlich eine Chance zu bekommen, damit er sich beweisen konnte. Er hatte es satt für ewige Lektionen hinter endlosen Bücherregalen und den staubigen Seiten alter theoretischer Werke zu vergammeln, er hatte genug davon mit Holzschwertern auf Strohpuppen einzuschlagen bis sie sich in fetzen auflösten und er die Arme nicht mehr heben konnte. Das einzige was er als halbwegs erträglich erachtetee waren Maöverflüge und das obligatorische Flugtraining, aber sein Seelengefährte Nero war nicht umsonst ein Luftdrache und Cai konnte auch nur zu gut verstehen warum der jetzt im Hof lag und schmollte, ob der verpassten Gelegenheit den Drachenfelsen für einen Ausflug hinter sich zu lassen.
Aber ohne festen Flügelmann, mit dem man ein gut eingespieltes Team bildete, konnte man manchmal sehr lange darauf warten, bis man mit einem Sturmtrupp losgeschickt wurde. Vor allem wenn man wenig an Erfahrung und Dienstjahren vorzuweisen hatte.
“Darauf kannst du wetten!” wenn Athaín diese Aufforderung wirklich ernst meinte, dann hatte Cai nicht vor ihn zu enttäuschen.
Doch, am Rande war ihm irgendwie bewusst, das der weißhaarige Drachenreiter, seinen Ehrgeiz wahrscheinlich eher als jugendlichen Eifer belächeln konnte, aber im Moment schien er es ernst zu meinen.

Cai zuckte ein wenig mit den Schultern, auch wenn ihm spätestens nach Athaíns Aussage bewusst war dass seine Aussage nicht viel Sinn machte “Äh… ja, das war anders gemeint. So wie… Drachen haben ja auch, also…” ein kurzes stocken im stotternden Redefluss während er ein leichtes Seufzen hören ließ und den Kopf schüttelte “Ja, du weißt schon was ich meine, ansonsten vergiss es einfach wieder! Vielleicht findest du es ja noch heraus. Ansonsten ist es immerhin unwahrscheinlich dass du noch böse Überraschungen erleben wirst! Aber zum Kuriositätenkabinett würde ich nicht raten. Das wird recht schnell langweilig...” Und danach klappte er den Mund wieder zu, bevor noch mehr seiner Gedanken reichlich ungefiltert heraus gesprudelt kam. So viel also zu: trag deine Gedanken nicht auf der Zunge spazieren…
Er war dann jedoch ehrlich überrascht als der Halbdrache ihm für seine Worte dankte und noch dazu meinte, dass er selten etwas so nettes gehört hatte. Der vorlaute Rotschopf hörte meistens eher Kommentare wie, er solle endlich die Klappe halten und nicht so frech sein. Aber zurückhaltung hatte noch nie zu seinen Stärken gehört, sondern eher dass es ihm gelang in den unpassendsten Momenten ein unerwünschtes Kommentar abzugeben. Immerhin wusste er dadurch mittlerweile sehr gut, wann es Zeit war zu gehen.
Dass er bei Athaín anscheinend die richtigen Worte getroffen hatte, war… doch irgendwie überraschend. “Dein Ernst? Äh… dann gern geschehen! Vielleicht solltest du dich aber auch mit netteren Leuten umgeben...”

Der junge Rotschopf trat wieder einen Schritt zurück, nachdem er dem Blinden die Augenbinde angelegt hatte. Da war es wieder, das gewohnte Bild des weißhaarigen Drachenreiters mit Augenbinde. Aber zu wissen was sich hinter der neutralen Stoffbinde verbarg war irgendwie… befriedigend. Als hätte Athaín ihn in ein Geheimnis eingeweiht oder so.
“Für den Zuber passe ich, aber morgen kannst du auf mich zählen!” ließ er ohne zu zögern vernehmen, denn er war natürlich geradezu begierig auf einen solchen Auftrag.
Auch Nero hatte anscheinend aufgehört zu schmollen, sondern schien neugierig auf Cais Gefühle zu lauschen, denn gerade jetzt schien seine Entschlossenheit sich zu beweisen, wie ein helles Feuer zu brennen und seinem Seelengefährten konnte das natürlich nicht entgehen.
Ein leicht schiefes, aber durchaus anerkennendes Grinsen erschien auf Athaíns Gesicht. Oh ja, er verstand. Auch er hatte einmal darauf gebrannt, endlich zeigen zu können was in ihm steckte und allen zu beweisen wie großartig er war. Jeder Tag, den er mit Übungen hatte auf dem Drachenfelsen verbringen müssen, während die Gespanne und Formationen starteten und landeten und niemand sich darum riss, einen Grünschnabel ans Bein gebunden zu bekommen, war ein vergeudeter Tag gewesen. Heute, drei Jahrhunderte später, wusste er dass es nichts zu vergeuden gab, denn Drachenreiter besaßen Zeit. Für jeden würde der Moment kommen. Das allerdings sollte man einmal einem jugendlichen Heißsporn erzählen, der vor Kampflust platzte und sich unbesiegbar fühlte.

"Also für's Protokoll - du willst unbedingt der Schwingenbruder von jemandem sein, der als rücksichtslos, todessehnsüchtig und bar jeder Verantwortung verschrien ist?" hakte der Hellhaarige noch einmal nach. Die Frage war mehr rhetorischer Natur, denn selbstredend hatte er das längst begriffen. Was genau Caius daran faszinierte, ausgerechnet sein Flügelmann sein zu wollen, wusste er natürlich nicht. Aber im Grunde hatte er das auch nicht zu hinterfragen. Athaín selbst hatte es immer gehasst, wenn man versuchte ihm Entscheidungen ein- oder auszureden. Deshalb wollte er damit gar nicht erst anfangen und nickte nur. "Dann morgen bei Sonnenaufgang, Kleiner. Es wird nicht gefrühstückt! Ein vollgefressener Wanst macht nur unaufmerksam. Und sag hinterher nicht, dich hätte niemand gewarnt."

Ein leises telepathisches Augenrollen war im Hintergrund zu vernehmen, begleitet von einem theatralischen Seufzer. Alachia hatte sich natürlich mal wieder nicht beherrschen können zu lauschen, sobald die Sache interessant wurde. Nun, Athaín hatte sie auch nicht wirklich ausgeschlossen. Schließlich ging es sie ja ebenfalls an. Ernsthaft bei Sonnenaufgang? Und ich hatte mich so auf meinen Schönheitsschlaf gefreut... Wehe dieser kleine Grünschnabel tänzelt mir vor der Nase herum! Womit natürlich Nero gemeint war. Jetzt hab dich nicht so Schwesterherz, antwortete Athaín mit einem gedanklichen Grinsen. Ich kann mich an eine grünschnäbelige Drachenlady erinnern, die mal einem gewissen Lohenbringer vor der Nase herumgetänzelt ist... Tsk! kam es beleidigt zurück. Geh baden, du stinkst! Jawohl, Ma'am... Wer eine Schlacht gewonnen hatte, sollte sich nicht mit Nachhutgefechten aufhalten. Das galt insbesondere für spitzzüngige Drachendamen.

Bevor er durch die Tür ging, blieb der Ältere noch einmal kurz stehen. "Ich weiß übrigens wie es gemeint war. Und ich weiß zu schätzen, dass du was Nettes sagen wolltest. Danke." Damit ging er weiter, und man hörte die sich langsam entfernenden Schritte auf dem Gang verhallen.
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