Lost Chronicles

Normale Version: A beautiful, young lad meets Steiner and his friends
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Magnificent Steiner

"... aber das kann ich unmöglich annehmen."
"Ich muss darauf bestehen."
"Oh nein. Ich weise diese Geste entschieden zurück."
"Also bitte. Wollt Ihr mich beleidigen?"
"Mit wem spricht er da?" - "Ich hab keinen Schimmer... er ist seltsam." - "Er?" - "Ich glaub schon...?"
"... sie flüstern wieder über Euch. Jetzt geht schon."
"Wenn hier über Jemand getuschelt wird, dann wird es ja wohl Eure Person sein. So wie Ihr Euch kleidet."
"Also ICH sehe hier nur eine Gestalt im Toffelsack."
"Nun werdet nicht schnippisch und geht schon."
"Warum verlässt er.. oder sie ... unser Haus nicht?" - "Ich glaube, er spielt Theater!" - "Ein Schnüffler mit Avancen zum Theater?" - "Aber warum denn nicht?" - "Es ist.. ohne jedes Talent." - "Bedauerlicherweise."
"Unter diesen Umständen, nehme ich an, doch erwarte ich von Euch eine entsprechende Würdigung."
"Würdigung?! Eine Würdigung sagt er!"

Also nun aber! Steiner hatte genug und schubste Steiner mit einer wischenden Geste beiseite, um endlich durch die Tür ins Freie zu treten. Eine weitere Wahrheit gefunden, ein weiteres Mysterium aufgedeckt! Steiner konnte sich selbst nur auf die Schulter klopfen (wenn er sich denn zu einem solchen Getue gewöhnlicher Pöbelianer herablassen würde) für derart gezeigte Professionalität. Das Diadem des werten Menschenweibes von adipöser Gestalt wieder zu beschaffen, dabei die Affäre ihres Spargelartigen Partners aufzudecken... diese nach reiflicher Überlegung zu verschweigen (nicht zu lügen, zu VERSCHWEIGEN!)... ein wahrer Glanzmoment für Steiner. Und Steiner applaudierte rückwärts gehend dem edel dahinstapfenden Steiner, der so leicht war, seine Stiefel hinterließen nur die minimalsten Abdrücke auf dem verregneten pflastergesteinten Boden voll Mischungen aus ehemaligem Gebirge und Unrat. Mittlerweile war seine Gestalt von genügend Gerüchten aufgenommen worden, dass älteres Volk nicht mehr mit einem filigranen Herzhalt zu Boden fiel, wenn sie ihn daherkommen sahen. "Nun, hört doch auf zu applaudieren. Ihr macht Euch lächerlich.", merkte Steiner zu Steiner gewandt an und dieser warf seinen Blick zu Steiner herum, stoppte den Applaus und das Leuchten seiner Brille verengte sich zu Schlitzen. "Ihr seid nur neidisch." - "Neidisch worauf? Euer Talent für Gelächter zu sorgen?" Und Steiner wies auf ein paar irritiert innehaltenden Passanten. "Nein. Darauf, dass ich dazu in der Lage bin." Er wedelte mit seinen schattigen Händen herum, wo Steiner dann auffiel, dass Steiner keine hatte, und dieser setzte sich dann Händelos und depremiert in eine Ecke. Steiner sah zu Steiner und hob anklagend mit nonverbalem 'Komm-Schon' die Arme und wies zu Steiner. Jener Steiner rührte sich nicht und bedauerte lediglich seine gesamte Existenz (wie wir alle es doch eigentlich tun sollten, wobei Steiner doch noch Glück hatte, konnten Sammler doch nicht masturbieren oder den Sinn dahinter nachvollziehen) und dann trat Steiner auf ihn zu und legte diesem eine Hand auf die Schulter. "Ihr solltet deswegen nicht in Trübsal versinken, mein Bester. Das was Euch an Armen fehlt, habt Ihr dafür doch in Eurem Verstand!" Steiner drehte sein Haupt nach rechts und sah hoch. "... wirkli..." - "Ey, Mister!"

Steiner schaute zum Ursprung der Stimme - nach rechts - und dann nach unten. Zu dem Mädchen, was da halt irgendwie furchtlos zu ihm aufsah. "... warum steht'n Ihr da?" Und der Sammler sah irritiert zu der Hauswand zurück die er bis eben noch angestarrt hatte (aus etwa Null Komma Vier Fingern Entfernung), und dann wieder zum Menschenmädchen herab. "Fugen zählen, junge Dame! Die Kunst zu zählen erfordert ein ständiges Üben und Verbessern!" Sie verengte die Augen zu schlitzen. "Lügst du mich an?" Steiner hob die Schultern. "Ein wenig?" - "Solltest du dann jetzt nicht eigentlich weiterlügen, damit ich nicht böse auf dich werde?" - "Nun, befohlen wurde es mir wohl nicht, also - so überlegte ich - wäre ein schnelles Wechseln zur Wahrheit eine sinnvollere Art mit Euch umzugehen." - "Mh. Mit wem hast'n du gesabbelt?" - "Mit mir selbst." - "Ah. Bist du gesprächig?" - "Teilweise. Könnte mal mehr, mal weniger sein." - "Huh." Er neigte sich ein Stück herunter und war subtil beeindruckt davon wie wenig das Mädel zurückwich. Aber vielleicht unterschätzte er auch die Bedrohlichkeit die er ausstrahlte. "Müsstet Ihr nicht in der Schule sein, junge Dame?" - "Und du nicht im Altersheim?" - "Hä?"

Die Taube starrte Steiner irritiert an, während er sie so anstarrte. Der Sammler saß auf einer Bank am Meer. Unheilvoll ragten die dunklen Maste der Grimmer schräg rechts vorn zum dunkler werdenden Himmel hinauf. "Oh. Richtig.", bemerkte er. Eine Meditation. Die hatte er gebraucht und als Ort diese Bank gewählt. Ein Rätsel gelöst. Seine... Träume wurden auch langsam etwas seltsam. Träumten Sammler überhaupt? Oder waren es nur Schnipsel seiner Erlebnisse der letzten Chroniken, heillos durcheinander gebracht, im Mahlstrom der Jahrhunderte? Nun. Wenn, dann konnte er diese auch genau so gut als Träume bezeichnen. Der Magnificent Steiner stierte die Taube an. Die Taube. Starrte zurück. "... solltest du nicht eine Möwe sein?" Und die Taube gurrte: "Solltest du nicht ganz woanders sein?" Und noch bevor er ein Kompliment zur akzentfreien Artikulation des Federviehs aussprechen konnte, fiel es ihm ein! Er hatte ja zu tun! Schwups, stand der Sammler auf - oder schwebte in eine stehende Position - und rauschte dann samt dicht geschlossenem Mantel in seiner dürren Gestalt vom Hafen aus in das Innere der Stadt. Und ein paar gelangweilte Matrosen sahen ihrer nachmittäglichen Pausen-Unterhaltung bedauernd nach.

DAS FALKENBERG! Mit einer sauberen Fassade in erdig und weißen Tönen, einem Schild mit einem stolzen Falken auf einem... Berg darauf und einer massiven Holztür, sowie warmem Licht aus dem Inneren lockte es die Armadaler Oberschicht zum Verweilen und Geschlemme ein. Sammler waren die wenigen Andersartigen die meist dort willkommen waren. Was daran lag, dass Sammler meistens über Schätze in Form von Metall oder Wissen verfügten, welches dort mehr als nur ein guter Ruf und Name, gern gesehen war. Es war auch eines der wenigen 'Lokale', welches Sammler gewohnt war. Ein wenig jedenfalls. Immerhin schrien sie nicht nach den Warlocks.

So trat Steiner dann also ein. Mit seiner Fliegermütze, der riesigen Brille in der Visage und dem langen zugeknöpften Mantel. Der Säbel an seiner Seite lag geschützt in einer alten Scheide und sah allein schon vom Griff her mitgenommen aus. Nicht zu vergessen mit einer Schmiede-Art, die in Vandrigg nicht vorkam. Aber gut. Wen interessierte schon so kleinkarätiger Unsinn?! Steiner wurde noch bei seinem vierten Schritt von der vortrefflich gekleideten Bediensteten 'Olga' abgefangen und ließ sich von dieser führen, bis er an einem Tisch vorbeikam, an dem er anhielt - denn da war wer - und der Sammler ignorierte Olga, während er sich mit maximaler Ordentlichkeit und Perfektion verneigte. Der Gehstock-Mann lag im festen Fokus der überdimensionierten Brille, und von der schattigen Gestalt ging eine sonore, ruhige Stimme mit einem Hauch von Schabernack aus. Ohne klare Lokalisation eines Mundes.

"Stadtratsmitglied Malar Beradren! Welch' ausserordentliche Freude zufällig hier auf Euch zu treffen! Dürfte ich mich vielleicht zu Euch gesellen?" Und die langen, unmenschlichen Finger aus wabernder, schwarzer Masse wiesen auf einen der freien Stühle.
Das Falkenberg. Im gehobenen Teil Armadales gelegen, bot es eine erlesene Küche und rühmte sich der Vielfalt seiner Weine. Manch einer verstieg sich sogar zu der Behauptung es gebe keinen edlen Tropfen auf den vier Welten, der dort nicht serviert würde. Nun, das hatte Malar inzwischen widerlegen können. Als er bei seinem ersten Besuch Glühwurzelwein bestellt hatte, war er doch reichlich dämlich von dem blasierten Mundschenk angeglotzt worden, welcher stets mit einem sauberen Leintuch über dem Arm von Tisch zu Tisch wieselte, und mehr oder weniger diskret nachfragte ob die Getränke mundeten. Zu seinem Glück war der Kerl nicht noch diskreter, denn sonst hätte ihn schon längst ein trauriges Schicksal ereilt. Malar hasste es, wenn man sich an ihn heranschlich oder unvermittelt neben oder hinter ihm auftauchte. Das weckte ungute Erinnerungen, und löste zudem alte Reflexe aus. Denn auch im Exil und halb gelähmt verlernte ein Alb nicht blitzschnell zuzustechen oder Giftnadeln zu verabreichen.

Aber trotz dieser kleinen Abstriche war das Falkenberg eine der edelsten Möglichkeiten zu Mittag zu speisen - oder auch bei Kerzenlicht zu Abend. Natürlich mit Seeblick, und wenn man wollte konnte man draußen auf der Plattform eine kühle Brise zu seinem Rebhuhnfilet mit Pflaumenfüllung genießen. Was natürlich nur im Sommer angenehm war. Jetzt im Frühjahr war die Plattform leer und ein sanfter, enervierender, überaus rasch den Weg selbst durch dichtes Wollgewebe findender Nieselregen zog in Schleiern vor den Fenstern dahin. Trotz des nicht gerade ansprechenden Wetters hatte Malar beschlossen heute aushäusig zu speisen und saß an seinem Lieblingstisch in der Nähe des Kamins, von wo man zumindest den zweitschönsten Blick aus einem der großen Glasfenster genießen durfte. Möwen kreisten über der See und stießen ein ums andere Mal herab um sich einen saftigen Happen zu angeln. Der Alb beneidete sie ein wenig um ihr wasserdichtes Gefieder. Regen war eine der unangenehmeren Erscheinungen, die er in seiner neuen Heimat hatte kennenlernen dürfen. Er mochte zwar bedeckten Himmel lieber als prallen Sonnenschein, schätzte es aber doch wenn es dabei trocken blieb. Nun, des Lebens ungemischte Freude wurde wohl nirgends einem Sterblichen zuteil. Oder mit anderen Worten: Das Streben nach Perfektion brachte stets den Makel der Unzufriedenheit mit sich.

Das Essen wurde serviert, und dazu eine gute Flasche Wein. Hier und da musste der Ratsherr und honorige Inhaber eines Handelshauses einem Hereinkommenden grüßend zunicken oder das Glas erheben, da ihm am Nebentisch jemand zuprostete. Den Platz am Tisch hatte er jedoch für sich allein. Denn auch wenn Malar Beradren eine geachtete Persönlichkeit war, wirkte der Alb mit der dunklen Haut und den glutroten Augen immer noch ein wenig unheimlich auf die Umgebung. Er konnte nicht behaupten, dass ihm die entgegengebrachte Distanz unangenehm war. Menschen hatten zumeist die Eigenschaft, ihm mit ihrer Geschwätzigkeit und ihrer Vorliebe für Banalitäten phänomenal auf die Nerven zu fallen. Nein, es interessierte ihn überhaupt nicht was die werte Gattin zu Hause trieb, oder welche der vier Dutzend Rotzgören gerade einen Milchzahn verloren hatte. Angenehm war indes, dass Menschen im Allgemeinen lieber redeten als zuhörten. So konnte man an die neunzig Prozent einer Unterhaltung bestreiten indem man hin und wieder nickte. Aber es gab diese Momente, in denen Malar die Herausforderung einer gepflegten Unterhaltung mit kunstvoll gedrechselten Beleidigungen - oder wahlweise interessanten Themen - überaus fehlte.

Langsam, beinahe schon forschend, bohrten sich die Zinken der silbernen Gabel in das Stück Fleisch auf dem Teller aus aerianischem Porzellan. Mit leichter, wiegender Bewegung wurde das scharfe Messer darüber geführt und schnitt ein Stück ab. Es gab nicht vieles, was Gefallen vor dem kritischen Blick des Alben fand, aber dieses zarte Stück von einem Wildschwein war wunderbar geröstet und duftete köstlich. Eben wollte sich der Bissen auf den Weg in den Mund machen, als...

"Stadtratsmitglied Malar Beradren! Welch' ausserordentliche Freude zufällig hier auf Euch zu treffen! Dürfte ich mich vielleicht zu Euch gesellen?"

...die Gabel auf halber Strecke inne hielt, und das zartroséfarbene Stück Braten mit der dunkelbraunen Kruste damit ebenso. Ein Paar glutroter Augen blickte vom Teller auf und wollte sich mordlüstern in den Störenfried bohren, der es wagte das heilige mittägliche Ritual zu unterbrechen. Aber halt! Es war nicht irgendein nassforscher Pfeffersack, der den Alben mit seiner parfümgetränkten Anwesenheit zu belästigen gedachte, sondern... tatsächlich jemand von Interesse. Malars aufmerksame Ohren hatten bereits vernommen, dass ein Sammler in der Stadt Quartier genommen hatte. Diese Wesen waren geheimnisumwittert, selten bekam man eines zu Gesicht. Noch seltener als einen Alben außerhalb Xarvatmands. Die silbrigen Brauen lupften ihre Position von finster zusammengezogen zu höflich-fragend, während der Blick die Hand mit den merkwürdig rauchartigen Fingern streifte, welche auf den Sessel ihm gegenüber wiesen. Die schlanke dunkelhäutige Hand des Silberhaarigen, die von funkelnden Juwelen geschmückt wurde, tat es ihnen gleich und deutete auf dieselbe Sitzgelegenheit.

"Bitte sehr." Die Stimme klang dunkel, nicht übermäßig laut, aber volltönend, mit einem dezent kehligen Unterton. Zugleich schnippten die Finger der freien Hand nach der Kellnerin und deuteten auf das Weinglas, ohne dass sich der Blick dabei vom Gegenüber löste. Es hieß zwar dass diese Sammler keine Nahrung zu sich nahmen, aber der Etikette musste Genüge getan werden. Es dauerte auch keine drei Wimpernschläge, da kam die gute Olga an den Tisch gespritzt und stellte ein zweites Glas hin. Eine weitere knappe Geste bedeutete ihr einzuschenken und sich dann wieder zu verkrümeln. Das alles während das Stück Fleisch auf der Gabel noch immer in der Luft schwebte, und glutrote Augen den Sammler sezierend anstarrten. Wobei man den Eindruck gewinnen konnte, dass die riesige Brille im... nun ja... Gesicht seines Gegenübers den Alben kaum irritierte. Von den übrigen Gästen konnte man dergleichen indes nicht behaupten, denn ein vornehm gedämpftes Raunen und Tuscheln erhob sich ringsum. "Wie ich höre, wisst Ihr bereits wer ich bin", stellte der Alb fest. "Und mit wem habe ich die Ehre?"