Lost Chronicles

Normale Version: Trüffelschweine und was einem sonst noch im Wald begegnen kann
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Neremea

Müde saß Neremea auf dem Boden ihres Schlafzimmers. Kieran war schon vor einer Weile zur Arbeit aufgebrochen und hatte Aurora und sie, wie jeden Tag, hier zurück gelassen. Auch wenn sie wusste, dass es notwendig war, um über die Runden zu kommen, gab es Tage, an denen Neremea es hasste, wenn er morgens fortging und den ganzen Tag nicht greifbar für sie war, weil er irgendwo hoch oben auf dem Drachenfelsen seiner Arbeit als Handwerker nachging. Heute war wieder einmal so ein Tag. Nicht nur, weil sie immer noch das Gefühl hatte, dass er ihr die Sache mit ihrem Wandler Dasein nachtrug und sich ihr gegenüber generell anders zu verhalten schien, sondern auch, weil heute wieder einer dieser Tage war, an dem ihr die Schwangerschaft ganz besonders zusetzte. Und so saß sie hier nun, zusammengekauert wie ein Häufchen Elend, auf dem Fußboden ihres Schlafzimmers mit einem Eimer vor sich, darauf wartend, dass die Übelkeit sich legte. Sie hatte Aurora, die bisher noch Nichts davon wusste, dass sie in naher Zukunft große Schwester werden würde, in weiser Voraussicht zum spielen auf den Hof geschickt, was ihr jetzt zumindest etwas Ruhe verschaffte, bis sie gleich irgendwann auch hinaus gehen musste, um sicherzustellen, dass ihr kleiner Wirbelwind keinen Unfug anstellte. Dummerweise war Aurora allerdings die Tochter ihres Vaters und so verging eher selten ein Tag, an dem Nichts vorfiel und auch heute war es schon wieder ungewöhnlich ruhig vor dem Haus, was selten ein gutes Zeichen war.

Mühsam richtete Neremea sich auf und spritzte sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht, bevor sie Haare und Kleidung richtete , sich dann den Eimer schnappte und das Haus verließ, um diesen zuerst zu säubern und dann nach Aurora zu sehen. Wie befürchtet war auf dem ersten Blick nichts von dem blonden Lockenkopf zu sehen, sodass sich nun wohl oder übel auf die Suche nach ihrem Kind machen musste, bevor sie dann vielleicht doch noch Gelegenheit fand, sich mit einer Tasse von ihrem Kräutertee, zurückzuziehen. Ja, heute war wieder so ein Tag, an dem sie Kierans Rückkehr, noch mehr als sonst, entgegen fieberte.

Neremea war gerade dabei den Weg, in Richtung der großen Blumenwiese, hinter dem Haus einzuschlagen, als ihr auffiel, dass die Stalltür nur angelehnt war. Auch wenn sie heute nicht ganz bei der Sache war, war sie sich sicher, die Tür heute morgen, nachdem sie die Tiere versorgt hatte, geschlossen zu haben. Seufzend steuerte sie nun also auf den Stall zu, da die offene Tür eigentlich nur darauf schließen ließ, dass Aurora ihr unwesen heute dort trieb. “Haben wir dir nicht schon hundertmal gesagt…” begann Neremea ihren Satz, während sie die Stalltür aufstieß und dort lediglich von einigen verwirrt dreinblickenden Tieren empfangen wurde. Eine der Hofkatzen, die bis eben wohl noch im Stroh geschlafen hatte, war aufgesprungen und zog nun mit einem genervten Miauen an ihr vorbei, an die frische Luft. “Du mich auch!” knurrte Neremea halblaut und wollte die Tür schon wieder hinter sich schließen, als ihr auffiel das eines der Schweine fehlte. Das Jungtier, welches sie erst vor einigen Tagen von den Tyrells, ihren Nachbarn, übernommen hatten, da es dort bereits mehr als eine Box zerlegt hatte und sich auch ansonsten nicht sonderlich gut mit den vorhandenen Tieren verstanden hatte, fehlte. Genervt verdrehte Neremea die Augen und warf dann einen prüfenden Blick auf den vermeintlichen Schaden, den das Tier dann wohl nun auch hier angerichtet hatte, nur um überrascht festzustellen, dass die Box unbeschadet und offensichtlich bewusst geöffnet worden war. “Aurora!” Seufzte die Blonde Wandlerin und verließ dann den Stall, um sich nun auf die Suche nach ihrer Tochter und einen entlaufenen Schwein zu machen. Der Tag konnte wirklich nur besser werden.

Aber immerhin waren Schweinespuren leichter zu verfolgen, als die eines kleinen Mädchen, das kaum Gewicht auf die Waage brachte. Und so dauerte es auch wirklich nicht lange, bis Neremea die ersten, frischen Abdrücke im feuchten Boden fand, die sie überraschenderweise direkt in den angrenzenden Wald führten. Zwischen den Schweinespuren waren auch immer wieder kleine menschliche Fußabdrücke zu sehen, sodass Neremea fast schon sicher sein konnte, dass, wenn sie das vermisste Schwein fand, ihre Tochter auch nicht sonderlich weit weg sein würde - und das obwohl Neremea sich eigentlich sicher gewesen war, dass Kieran und sie, nach der Geschichte mit Nicus, dem Baum, deutlich genug gewesen waren, was ungefragte Besuche im Wald anging. Ganz offensichtlich musste man aber dem Gedächtnis ihrer Tochter mindestens genauso oft unter die Arme greifen, wie dem ihres Mannes, wenn es um Verbote und andere unangenehme Dinge ging.

Neremea war erst wenige Schritte in den Wald gelaufen, als sie auch schon die helle Stimme ihrer Tochter vernahm, die mit irgendjemanden oder irgendetwas zu schimpfen schien. Eilig folgte sie dem Klang der Stimme, nur um dann hinter den nächsten Büschen ihre Tochter zu erblicken, die dem Schwein eine Art Leine umgebunden hatte und nun versuchte das störrische Tier, dass einige Eicheln gefunden hatte, die es nun genüsslich verspeiste, davon zu überzeugen sich zu bewegen. ”Jetzt komm schon Athaínine!” schimpfte das Kind und zog mit aller, ihr zur Verfügung stehender, Kraft an dem Seil, dass sie zur Leine umfunktioniert hatte, ohne das Schwein auch nur annähernd zu beeindrucken. ”Du sollst keine Eicheln fressen! Varin hat gesagt Du bist ein Trüffelschwein! Also los! Such mir Trüffel! forderte sie das immer noch recht unbeeindruckte Tier auf. Varin, war einer der älteren Tyrell Jungs, der sich gerne einen Spaß daraus machte, seine jüngeren Geschwister und Aurora auf den Arm zu nehmen und ihnen die wildesten Geschichten, überzeugend glaubhaft erzählte. Für einen Moment beobachtete Neremea schmunzelnd die Szene, die sich ihr bot und ihre Tochter konnte ihr schon fast leid tun, weil Athaínine sich so unbeeindruckt von ihr zeigte. Athaínine einmal mehr schüttelte Neremea den Kopf über diesen selten dämlichen Namen, den ihr Mann vorgeschlagen hatte und der, warum auch immer, auf große Begeisterung bei ihrer Tochter gestoßen war. Vielleicht sollte sie es wirklich in Erwägung ziehen Kieran das Mitspracherecht bei der Namenswahl ihres zweiten Kindes zu entziehen, die dünne Luft dort oben auf dem Drachenfelsen, schien ihm plötzlich nicht mehr gut zu bekommen.

“Hatten wir Dir nicht verboten alleine in den Wald zu gehen?” ließ Neremea nun doch ihre Stimme durch den Wald donnern und erzielte damit genau den Effekt, den sie sich erhofft hatte und sogar noch etwas mehr. Denn nicht nur ihre Tochter sah erschrocken auf und zog den Kopf ein, nein auch besagte Athaínine sah sie nun für einen Moment an, bevor sie sich dann aber wieder schmatzend den Eicheln am Boden widmete. ”Mommy…” Aurora sah sie aus großen Augen an und hatte immerhin noch soviel anstand, betroffen auszusehen, bevor sie dann aber ihr süßestes Lächeln aufsetzte. Ja die Kleine hatte wirklich von den Besten gelernt und auch wenn Kieran immer behauptete, dass Aurora sich diesen Blick von ihr abgeschaut hatte, sah Neremea in diesem speziellen Gesichtsausdruck viel mehr die Züge ihres Mannes, wenn dieser mal (wieder) irgendetwas angestellt hatte. ”Ich bin doch gar nicht weit in den Wald gelaufen. Man kann den Hof von hier aus sogar noch sehen, siehst Du! mit ausgestreckten Arm zeigte sie auf die Bäume hinter ihrer Mutter, durch die man wirklich, zumindest wenn man es wusste, den Hof noch erahnen konnte. ”Außerdem kann ich da gar nichts für. Athaínine ist plötzlich in den Wald gerannt und ich konnte sie nicht festhalten. Sie ist wohl doch stärker als ich dachte” rechtfertigte sich die Kleine nun mit typisch kindlicher Logik.

Fragend zog Neremea eine Augenbraue in die Höhe, während ihr Blick abwechselnd zwischen Kind und Schwein hin und her wanderte. “Was mich allerdings direkt zu meiner nächsten Frage bringt Aurora. Was soll das hier? Und warum ist die Sau nicht im Stall wo sie hingehört?” ”Sie ist keine Sau! protestierte Aurora direkt ”Sie hat einen Namen und heißt Athaínine!” erklärte sie dann trotzig, was Neremea nur einmal mehr, nicht nur aufgrund des Namens, mit den Augen rollen ließ. Sie musste Kieran unbedingt fragen wie er auf dieses komischen Namen gekommen war, um ihm dann vielleicht wirklich, das Mitspracherecht zu entziehen. Sicher war sicher! “Von mir aus kann sie auch Thoridyss, Oonagh oder Wulfrith heißen! Es ändert nichts daran, dass sie im Stall und du auf unserem Hof sein solltest!” fauchte sie ihre Tochter nun an, während sie langsam aber sicher die Geduld mit ihr verlor. Was nun auch Aurora immerhin bemerkte und vorsichtshalber vom bockigen Kind, einen Gang zurück auf die niedliche Tochter ihres Vaters schaltete. ”Aber ich wollte doch nur Trüffel suchen” erklärte sie leise und schuldbewusst und sah ihre Mutter aus großen, fast schon traurigen Augen an. “Du wolltest was?” erkundigte Neremea sich und klang nun mehr überrascht, als verärgert, unsicher ob sie sich gerade nicht verhört hatte. ”Trüffel! Weißt Du, Athaínine ist nämlich ein Trüffelschwein! Varin hat mir das verraten. Deswegen wollte sie auch nie im Stall bleiben! Sie wollte raus in den Wald Trüffel suchen! Also dachte ich mir, dass ich mit ihr welche suchen gehe und wenn wir dann welche finden, können wir sie für viel Geld auf dem Markt in der Stadt verkaufen und…” doch noch bevor Aurora ihren Satz ganz beenden konnte, hatte besagtes Trüffelschwein scheinbar entschieden, dass es jetzt genug Eicheln gefressen hatte setzte sich mit einen Ruck in Bewegung, der Aurora zu Boden beförderte und sie dazu brachte die provisorische Leine loszulassen.

Fluchend eilte Neremea zu ihrem Kind und hob sie behutsam vom Boden auf, während sie überprüfte, ob sie sich verletzt hatte. ”Mommy, wir müssen Athaínine wieder einfangen, sie frisst doch sonst noch alle Trüffel auf, die sie findet!” schrie Aurora und wollte schon wieder von ihrem Arm springen, um der Sau durch den Wald hinterherzujagen. Seufzend erhob sich nun auch Neremea wieder. Ja, sie mussten die Sau tatsächlich einfangen, aber eher, weil sie eben ein entlaufenes Schwein wieder einfangen mussten, als dass sie es davon abhalten musste, alle Trüffel aufzufressen.

Atevora

[Bild: Atevora-Faran-Serafina.png]


Serafina schob unzufrieden ihre Unterlippe vor und präsentierte einen vortrefflichen Schmollmund. Der Boden hier war matschig. Warum war er matschig? Natürlich wusste sie den Grund. Es hatte geregnet, vor nicht all zu langer Zeit, weswegen sich der Wald in vielen Abschnitten ganz generell etwas dunstig und feucht präsentierte, und hier war er eben gerade ganz besonders feucht. Sie empfand es dennoch als unerhört! Der Boden hatte gefälligst nicht aufgeweicht zu sein, da wurden doch ihre hübschen neuen Halbschuhe die ihr ihre Mutter gekauft hatte ganz schmutzig. Faran störte das Ganze freilich weit weniger. Ganz im Gegenteil sprang er mit vergnügtem Gelächter und voll Wonne in eine Senkte mit einer großen Pfütze, dass es nur so zu allen Seiten hin weg spritzte und – ohwe – auch Serafinas frisch gewaschenes Kleidchen fürs draußen "Herumturnen" noch erwischte. Unerfreut und Unzufrieden stampfte sie mit einem ihrer kleinen Füßchen am Waldboden auf und verschränkte säuerlich in Erwachsenenmanier die Hände vor der Brust. Grad schon wollte sie ihren Unmut kund tun und sagen, dass Faran ganz doof sei, als ihre Mutter den Jungen auch schon rügte und ermahnte etwas mehr acht zu geben. Das stimmte das kleine Engelchen wieder etwas versöhnlicher. Und der Groll verrauchte gar ganz als sie am Rande besagter Pfütze wunderschöne, direkt magisch anziehende große sonnengelb glänzende Blüten erspähte. Sofort war das Ungemach des hier so nassmatschigen Waldbodenabschnittes und des damit verbundenen Ärgers um die dreckig gewordenen Schuhe völlig vergessen. Selbst die neuen Sandalen waren völlig uninteressant geworden, stattdessen zupfte sie mit großen und in die nahe Ferne gerichteten blauen Äuglein an einem von Mutters Ärmel ihrer Magierrobe. >„Was ist das für eine Pflanze?“ < Schon wies der kleine Finger in jene Richtung wo die dottergelben Blumen lachten. „Das ist eine Sumpfdotterblume.“ Lautete die Antwort der Erbgräfen, denn soweit konnte die Magierin auch noch ohne ihr Nachschlagewerk Auskunft geben. Doch dann griff sie schon nach ihren schlauen Büchern um mehr dazu vorzulesen.

Noch während sie es hervor holte, huschte das Mädchen dem feuchtnassen Untergrund und neuer Schuhe zum Trotze, schneller als ein junges Rehkitz zu dem bunten Gewächs und Hockte sich mit staunenden Augen daneben hin. Artig folgte die wohlmeinende Magierin ihr nach und ließ sich neben ihrem Kind ebenfalls in die Hocke sinken. Auf ihre Oberschenkel, gerade passend in Augenhöhe für Seraphina und Faran legte sie balancierend das Buch zum Mitschauen nieder und begann darin nach der Blume zu blättern.

Das weckte nun auch die Neugierde des unternehmungslustigen Farans. Mit schmatzenden Schritten wanderte er zu den Beiden und spähte an seiner Mutter Seite zum Buch zu den Blumen vor ihm, die einerseits nur Mädchenkram, andererseits aber doch wirklich sehr hübsch anzusehen waren. >„Da. Das ist sie!“< Wies er seine Mutter hin als seine Augen im leicht dämmrigen Licht des Waldes schneller als Atevora die Zeichnung erfassten und als die Pflanzenabbildung als die selbe Blumenart wie die zu seinen Füßen erkannte. „Stimmt. Sehr gut erkannt Faran.“ Es war ihm Anzusehen wie er bei dem Lob etwas in die Höhe wuchs und dadurch noch eine Spur mehr Interesse zeigte. >„Was steht denn da?“<

„Die Sumpf-Dotterblume.“ Begann die Erbgräfin geduldig vorzulesen.
„Wie Tümpel und Weiher froh erwachen,
wenn Dotterblumen goldgelb lachen.
Aus sattem Grün am Uferrand
treibt buttrig greller Blütenstand.
Das leuchtend Gelb so frühlingsbunt
schmückt üppig feuchten Weihermund.
Ein so umschmückter Gartenteich
macht Fröschen die Gefühle weich.
Doch trotz der Farbe seid euch gewahr
von dieser Blume droht Gefahr!“

Von der Warnung in den Reimen ganz überrascht formten Farans Lippen ein erschrockenes O. >„Gefahr? Wieso?“< Wollte Serafina ihrerseits ganz unschuldig wissen. Wieso. Ein so ein unscheinbares Wort das sich allerdings all zu gerne mit dem gnadenlosen Stakkato aneinanderreihender 'Warum's verbündete um mit unerbittlicher Härte auf die arme Elternschaft niederzugehen. Und wer hätte es gedacht, Serafina beherrschte diese Folter besonders perfide. In diesem Fall konnte die Gräfin dank ihres schlauen Büchleins glücklicher Weise sogar Auskunft geben. Ach wie Atevora Bücher doch inniglich schätze. „Sie ist giftig. Wenn man zuviel davon isst wird einem furchtbar schlecht, bekommt Durchfall und auch Hautausschlag.“ Einträchtig nickten ihre Kinder. Sie würden wohl Beide vorerst nicht austesten ab wieviel es zu einem zuviel wurde. Mit Schwung klappte die Magierin ihr Buch wieder zu, und steckte es nicht zurück in ihre Umhängetasche sondern legte es in den Korb zu den Kräutern die sie bereits gesammelt hatte, da sie die Lektüre ohnehin ständig benötigte. Langsam erhob sie sich wieder und beschloss dass es nun Zeit für eine kleine Rast wäre, damit ihren Kindern und auch ihr selbst nicht die Energie ausging und irgend einer von ihnen dadurch noch unleidlich werden würde. Insbesondere da sie gerade einen passenden Sitzplatz in der Form eines umgefallenen Baumes für die Pause entdeckt hatte. „Kommt lasst uns dort zu dem umgefallenen Baumstamm gehen und ein wenig rasten bevor wir weitergehen.“ Schlug sie also vor.

Mit dem Weidenkorb zu ihrer Rechten, und zwei Kindern auf der linken Seite, marschierte die Gräfin schnurstracks auf den bemoosten Baumstamm zu. Er war hoch genug für sie um sich noch einigermaßen gemütlich darauf zu setzen, den Kindern würde er wohl eher zum darauf herumklettern und herumtollen gereichen, und tatsächlich, Faran machte sich auch gleich munter daran die Holzhürde zu erklimmen. Gemächlich stellte Atevora nebenher den klobigen Weidenkorb nieder und öffnete ihre Umhängetasche in welcher sie nicht nur ihre Bücher, sondern auch etwas zu Essen und Trinken für sich und die Kleinen verstaut hatte. Natürlich hätte sie auch alles in den Korb packen können, doch ihre Lust ständig das Gewicht in einer Hand tragen zu müssen, war bei ihr denkbar gering ausgebildet. Insgesamt hatte sie sich für den kleinen Lehrausflug in den Wald hervorragend vorbereitet. Um es den Kleinen schmackhaft zu machen genügend zu trinken, befand sich in der Trinkflasche beispielsweise Ribiselsaft. Sie hatte sich sagen lassen, dass Faran und Serafina diesen besonders gerne mochten. Als Jause hatte sie einige Karotten, Nüsse, Trockenfrüchte und Honigbrot ersonnen. Faran trank gerade vom Saft den die Magierin ihm übergeben hatte, und sie war im Begriff ihrem Töchterchen eines der Brote weiterzurreichen als sie plötzlich ein vernehmliches Rascheln hörte das sich eilig näherte. Ehe sie es sich versah stütze sich mit hellem Quiken eine Sau aus dem Unterholz ihr entgegen. „Was..“ macht das Schwein denn hier? So oder sowas ähnliches wollte die Magierin noch als Frage in den Wald werfen, doch sie kam nicht mehr dazu denn die Sau hatte nicht ansatzweise daran gedacht abzubremsen. Mit der vollen Wucht des Laufes warf sie sich förmlich gegen die am Baumstamm sitzende Magierin, dass es ihr die Brothand in die Höhe riss. Breit klatschte sie sich versehentlich selbst beschmierte Seite des Honigbrotes ins Gesicht.
Atevoras Kinder hatten sich aus der Überraschung etwas schneller gelöst als die eindeutig vom schweinischen Benehmen überrumpelte Magiern. „Wie süüüß“ Fiebte Serafina entzückt, während das Schwein mit einer Dreistigkeit die seines gleichen suchte der armen Magierin das Honigbrot aus der Hand stahl und überdreht hektisch schmatzender Weise sofort wieder verlor. Mit einem Dumpfen Laut das für die unterm Erdreich ruhenden Regenwürmern sicherlich einem Donnern glich landeten die Reste des Brotes am Waldboden. „Das ist ja hmmp..“ Allerhand. Wollte die Magierin eigentlich protestieren und griff nach dem dreisten Jungschwein um es von sich fort zu halten. Doch begleitet vom vergnügten Gegluckse und Gekicher ihrer Kinder wurde ihr Protest von einem Rüssel der just in ihrem Gesicht klebte und samt einer Zunge die gierig nach dem Honig darin schleckte, vereitelt.

Neremea

Mit eiligen Schritten und ihrer Tochter an der Hand, eilte Neremea durch den Wald und versuchte das entlaufenen Schwein wieder einzufangen. “Du weißt doch, dass Du Varin nicht alles glauben sollst” richtete sie das Wort an Aurora, während sie sich vorsichtig einen Weg durch das Unterholz bahnte. ”Aber er hat gesagt, er lügt mich nicht an!” gab das Kind trotzig zurück und genervt verdrehte Neremea die Augen. “Das sagt er doch immer”. Dem Jungen machte es einfach Spaß, seine jüngeren Geschwister und Aurora hinters Licht zu führen und die Kleinen, naiv wie sie waren, fielen immer wieder darauf hinein. Immerhin waren die Schweinespuren im feuchten Waldboden gut sichtbar, sodass es nicht allzu schwer war, die Verfolgung der flüchtigen Sau aufzunehmen. Allerdings hatte Neremea sich ihren Vormittag wirklich anders vorgestellt und verabschiedete sich innerlich bereits von der Tasse Kräutertee. Einmal mehr keimte die Angst in ihr auf, wie es sein würde, wenn sie sich bald nicht nur um Aurora, sondern auch um ein Baby kümmern musste. Im Grunde war ihre Tochter ja ein liebes Kind, aber sie war nun mal lebhaft und sehr entdeckungsfreudig, was schon mal dazu führte, dass sie im Eifer des Gefechts, die Regeln und Vorschriften ihrer Eltern vergaß.

”Mommy, können wir die Trüffel, die Athaínine findet, dann wirklich auf dem Markt verkaufen?” richtete sich das zarte Stimmchen ihrer Tochter an sie. Neremea unterdrückte einen Seufzer und versuchte ihre Stimme so wenig genervt, wie möglich klingen zu lassen. “Zuerst einmal müssen wir Athaínine finden” gab sie zurück “und dann sehen wir weiter” Neremea glaubte nicht wirklich daran, dass das störrische Schwein wirklich ein Trüffelschwein war, vielmehr war sie ein aufmüpfiges Tier, mit einem wirklich bescheuerten Namen.

Die Schweinespuren führten sie durch den Wald, in die Nähe des kleinen Tümpels, an dem Neremea oft Kräuter sammelte. Noch bevor sie etwas erkennen konnte, hörte sie mehrere Stimmen, die durch das Gebüsch an sie heran drangen. Alarmiert griff Neremea nach der Schulter ihrer Tochter und hielt sie zurück. Seit dem aufeinandertreffen mit Diamar, vor einigen Tagen, war sie wieder vorsichtiger geworden und entspannte sich erst etwas, als sie deutlich die Stimmen und das Lachen zweier Kinder vernehmen konnte. Es war sehr unwahrscheinlich, dass ihr Vater Kinder hierher schicken würde um sie zu beseitigen oder zurückzuholen.

Ein gequietschtes „Wie süüüß“ ließ die Vermutung zu, dass sich das gesuchte Schwein ebenfalls dort befand, sodass Neremea nun trotzdem, sicherheitshalber nach Auroras Hand griff und sich vorsichtig den Stimmen näherte.

Das Bild, dass sich ihr schließlich bot, als sie auf die Lichtung trat, ließ sie dann doch schmunzeln und ihre Tochter sogar los lachen. Eine ihr fremde Frau, saß auf dem feuchten Waldboden im Dreck, die flüchtige Sau leckte ihr durchs Gesicht und links und rechts befanden sich zwei strohblonde Kinder, die sich köstlich amüsierten. “Das ist definitiv kein Trüffel” wandt Neremea sich an ihre Tochter, die jetzt neugierig die beiden Kinder musterte. Mit leichten, sicheren Schritten, machte sich die Wandlerin nun daran, die Distanz zu Athaínine und der Frau zu überwinden und griff dann nach der provisorischen Leine des Tieres, um es von der blonden, ihren Kleidern nach zu urteilen, wohlhabenden Frau wegzuziehen. “Entschuldigt bitte” richtete sie nun das Wort an diese. “Sie ist aus ihrem Stall ausgebrochen” Etwas, was mehr oder weniger der Wahrheit entsprach, aber auf jeden Fall besser war, als die Aussage, dass ihre Tochter mit diesem bekloppten Vieh Trüffel suchen wollte.

Während Neremea damit beschäftigt war, das Schwein von der Frau und dem überaus begehrten Honigbrot zu lösen, hatte sich Aurora nun den beiden Kindern genähert und legte interessiert den Kopf schief. Sie sahen anders aus, als die Kinder die sie bisher gesehen hatte und schienen ganz offensichtlich nicht aus dieser Gegend zu stammen. ”Hallo” begrüßte sie schließlich die beiden etwa gleichaltrigen Kinder und legte dann die typische kindliche Neugierde und Aufgeschlossenheit an den Tag, ”Ich heiße Aurora, und ihr? die in einem harten Kontrast zu der Zurückhaltung und dem Misstrauen ihrer Mutter stand. ”Ich habe Euch noch nie hier oder in der Stadt gesehen, wohnt ihr hier?” erkundigte sie sich neugierig, in der Hoffnung vielleicht neue Nachbarn bekommen zu haben, mit denen sie spielen konnte.

Atevora

Als Atevora heute mit ihren Kindern in den Wald aufbrach hatte sie mit vielem gerechnet, aber sicherlich nicht mit Schweinesabber im Gesicht. Überrumpelt von dem heimtückischen Sturmangriff rutschte die weißhaarige Frau von ihrem Sitzplatz und landete mit ihrem Podex auf dem weich mit Moos gepolsterten Waldboden, während sie sich mit Mühe und Not und obendrein mäßigen Erfolg der Schlabberattacke erwehrte. Ihre Kinder waren alles andere als hilfreich mit ihrem Kichern indes die eigentümlich weißhaarige Adelige heldenhaft und voller Idiotie das Honigbrot von sich hielt, fort von dem rosa Rüssel, anstatt es einfach auf den Boden zu werfen und das Tier damit listig abzuschütteln.

Dieser Art vom dreisten Ferkelgetier abgelenkt, bemerkte die ungewöhnliche, schaurig schöne Familie nicht wie sich eine Frau eilig mit ihrem Kind näherte. Beherzt schritt diese zur Tat, trat aus dem Dickicht hervor und griff mit beschwichtigenden Worten nach der Leine um den Schweinehals um das rosa Untier von der armen hilflosen Magierin fort zu zerren.

Es gelang ihr dank des Strickes auch tatsächlich das Tier von seiner Beute los zu reißen. Da saß sie nun, die fragil gebaute Magierin, mit leicht zerrupfter Frisur in ihrer, wie immer, hellen Alltagsrobe, die mit ihren Stickereien nicht die Herkunft aus edlem Hause verleugnete. Ihr lag das Elend und ein unausgesprochenes und im Stummen trotzdem ohrenbetäubend laut gebrülltes IGITT ins bleiche Gesicht geschrieben. Dann begann ihr Verstand wieder zu arbeiten. Hatte sie vorhin richtig gehört? Die Sau ist aus dem Stall ausgebüchst? Die Erklärung der Fremden klang insgesamt sehr plausibel, allerdings störte da etwas das präsentierte Erklärungsbild. Unten am Boden sitzend spähte die Magierin hoch und taxierte die Frau, die Leine und das Schwein und schon zogen sich die lichten Augenbrauen über den blauen Irden skeptisch zusammen. Atevora schätzte grob, dass die Schweinehalterin – im wahrsten Sinne des Wortes - etwa gleich groß wie sie selbst sein dürfte, und der Kleidung und aufgrund des Haustieres zu urteilen dem bäuerlichen Stand angehörte, auch wenn sie für dieses Volk eigentümlich sauber wirkte. Obendrein trug sie eine sehr aufwändige Frisur die ihrer eigenen in diesem Punkt um nichts nachstand.
„Pflegt ihr mit euren Tieren an der Leine im Stall Gassi zu gehen?“ Erkundigte sich Atevora kritisch. Die Magiern kannte sich mit dem Bauernvolk nicht aus, dafür um so mehr mit Eigentümlichkeiten die jemand Entwickelte. Aber das Bild wirkte selbst dann noch ein wenig sehr eigenwillig. „oder warum hat das Ferkel ein Seil um den Hals?“ Vielleicht war es auch dazu gedacht das Tier daran aufzuknüpfen? Atevora selbst hatte jedenfalls gerade nicht schlecht Lust dazu.

Mit so viel restlicher Würde wie sie besaß, und das war wohl weniger als der Erbgräfin gerade lieb war, stand sie auf. Einige Strähnen ihrer weißen Haare hatten sich gelöst und klebten im vom Honig und Schweinespeichel halbseitig klebrigen Gesicht. Mit Zuhilfenahme ihres Ärmelsaumes versuchte sie den Speichel aus dem Gesicht zu wischen und strich sich mit ihren perfekt manikürten schmalen Fingern die Haare hinters Ohr.

Das blondhaarige Kind in der Fremden schlepptau hatte zeitgleich etwas viel interessanteres entdeckt: Zwei kleine Personen, etwa im selben Alter wie sie selbst, mit weißem Haar, hell wie frisch gefallener Schnee und einer Haut so dunkel wie Ebenholz. Zwei zugespitzte Ohren blitzten aus der hellen Mähne hervor und fingen sicherlich zusätzlich neugierige Blicke. Sofort richteten die zwei ungewöhnlichen Kinder ihre Augen auf den Neuankömmling. In den Augen der Beiden lag im Zwielicht des Waldes ein seltsames Gegenlicht, dass sie heller und intensiver erscheinen ließen als bei normalen Kindern, und insbesondere das flammende Rot des Jungen mochte ein wenig unheimlich wirken. Doch das schien die kleine Fremde alles nicht zu stören, ganz im Gegenteil stellte sie sich ganz offenherzig als Aurora vor. Als eher vorsichtiges Naturell begab sich Serafina ganz unbewusst sogleich hinter ihrem Bruder lauernd und beobachtend in Sicherheit und ließ ihrem Zwillingsbruder wie so oft den Vortritt mit der Antwort. "Hallo ich heiße Faran. Das ist meine Schwester Serafina." Besagte Schwester winkte zaghaft und ließ ein liebes „Hallo.“ verlauten. Scheu war das Kind der Fremden überhaupt nicht und fragte die Beiden auch gleich ob sie hier wohnen. „Hier im Wald? Neeee!“ Antworte der Bub. „Wir wohnen auf einem groooßen Schloss! und du?"
Nun zupfte Serafina am Ärmel ihres Brüderchens : „Hast du als zukünftiger ErzmagierDrachenreiterAchatgardistRitter nicht etwas vergessen?“ Tuschelte das Mädchen klug in sein Öhrchen, und das gerade laut genug, dass es sicherlich noch Aurora und jeder der im Umfeld genau lauschte es hören konnte. Einen Augenblick zog der Betuschelte ein Schnütchen, dann dämmerte es ihm. Seine Schwester hatte Recht! "Zu euren Diensten, Lady Aurora" Ergänzte er schneidig und vollführte eine ritterliche Verbeugung.

Neremea

Neremea wusste selbst, dass ihre Erklärung, Athaínine sei aus ihrem Stall geflüchtet, nicht ganz rund war, da das Tier immer noch Auroras provisorische Leine um den Hals trug. Aber es hätte ja klappen können. “Ich nicht” gestand sie schließlich, mit einem leisen Seufzer ein, “aber meine Tochter, hat da manchmal ihren ganz eigenen Vorstellungen” fügte sie dann, mit einem leichten Nicken in Auroras Richtung an. Der kleine Lockenkopf war gerade dabei, sich mit den beiden anderen Kindern zu unterhalten und hatte, für den Moment zumindest, jegliches Interesse an ihrem Trüffelschwein verloren.

Unter anderen Umständen, hätte sie der fremden Frau vermutlich die Hand gereicht, um ihr beim Aufstehen behilflich zu sein. Jetzt allerdings war sie mehr damit beschäftigt, das störrische Schwein davon abzuhalten erneut über sie herzufallen und sich den Rest des Honigbrots einzuverleiben. Für so ein junges Tier war Athaínine ganz schön kräftig, was bei ihrem Temperament früher oder später noch zu Problemen führen würde. Nachdem Neremea sich versichert hatte, dass sie einen festen Stand hatte, brachte sie das Schwein mit einem weiteren kräftigen Ruck an seiner Leine erneut auf Abstand zu der Frau, da dieses Honigbrot offensichtlich eine größere Anziehungskraft auf das Tier hatte, als die vermeintlichen Trüffel, die es hatte finden sollen.

Die Frau versuchte sich, die klebrige Mischung, mithilfe ihres Ärmels, aus dem Gesicht zu wischen, was das Ganze allerdings nur noch schlimmer machte. Denn nun schmierte sie auch noch den Matsch, der sich auf ihrem Ärmel befunden hatte, dazu. Neremea musste sich ein Grinsen verkneifen und zog ein sauberes Tuch aus ihrer Tasche, dass sie der Frau reichte. “Versucht es damit” bot sie an, um zumindest etwas Schadensbegrenzung zu betreiben.



Aurora schien von dem Treiben der beiden Erwachsenen und des Schweines nicht mehr viel mitzubekommen, die beiden Kinder waren dafür viel zu interessant. Mit aufmerksamen Blick musterte sie ihre Gegenüber neugierig und versuchte sie irgendwie einzuordnen. Dadurch, dass sie ihre Mutter oft auf den Markt begleitete, hatte sie schon viele Menschen und teils auch andere Völker gesehen, doch noch niemanden der aussah wie diese beiden. Gerade die Augen des Jungen weckten, mit ihren rötlichen Schein, Auroras Interesse. Angst hatte sie keine? Warum auch? Immerhin hatte ihr noch nie Jemand schaden wollen und von den Geheimnissen und Feinden ihrer Eltern wusste sie schließlich auch nichts.

Das Mädchen ließ ihren Bruder den Vortritt, der sich selbst als Faran und seine Schwester als Serafina vorstellte, die es aber scheinbar bevorzugte weiter hinter diesem Schutz zu suchen. Aurora verstand nicht wovor sie Angst hatte, dachte allerdings auch nicht weiter darüber nach, sondern schenkte ihre Aufmerksamkeit halt dem Jungen, der nun ihre Frage, ob sie hier wohnten verneinte und ihr erklärte, dass sie auf einen riesigen Schloss wohnten. Die Augen des kleinen Mädchen weiteten sich in Ungläubigkeit. “Ein richtiges Schloss?” erkundigte sie sich und konnte sich darunter nur das vorstellen, was ihre Eltern ihn in den Gute-Nacht-Geschichten erzählt hatten. “Wir wohnen auf einem Hof dort drüben am Waldrand” ihre kleine Hand wies auf einen Punkt, irgendwo hinter der kleinen Gruppe.

Noch während Aurora gestikulierte, zupfte nun das Mädchen, welches ja als Serafina vorgestellt worden war, am Ärmel ihres Bruders und zischte ihm etwas zu, was vermutlich noch die beiden Erwachsenen hätten verstehen können. “Erz..Drachenreiter..Ritter?” wiederholte Aurora das was bei ihr hängen geblieben war und konzentrierte sich dabei allerdings auf das Wichtigste: Drachenreiter! Ihr Vater erzählte ihr oft Abends die Geschichte von dem weißen Blitzdrachen und seit einer Weile war es Auroras Ziel, Drachenreiterin zu werden, sobald sie alt genug dazu war, auch wenn ihre Mutter nicht ganz so begeistert war von dieser Idee. Aber was wusste die schon? Dass Faran sie dann allerdings Lady nannte, gefiel Aurora. Sie wurde noch nie Lady genannt, höchstens mal in Verbindung mit dem Zusatz kleine oder junge und dann hatte es meistens im Anschluss Ärger gegeben. “Wenn ich groß bin, werde ich auch Drachenreiterin!” verkündete das blonde Kind inbrünstig.

Atevora

Sie nicht, aber ihre Tochter. Eine gewisse, lauernde Kälte lag in der Magierin Blick als dieser für einen Moment zu den Kindern glitt. Besagte Tochter schien in einem ähnlichen Alter zu sein wie ihre beiden Augensterne, und wirkte kein bisschen scheu, sondern aufgeschlossen und neugierig. Die Frisur hatte im Spiel gelitten und wirkte ebenso verwegen wie ihre Körperhaltung, dabei schenkte sie ihr Interesse ganz den beiden Halbalben. Kinder.. „Das ergibt Sinn.“ Lenkte sie ein und gab sich mit der Erklärung zufrieden. „Ich kenne da zwei Kinder die kommen auch immer auf sehr interessante Ideen.“ Ohne Frage, damit waren die beiden Halbalben gemeint, und ein kurzer Seitenblick, der wieder zu ihnen zuckte, verdeutlichte diesen Umstand. „Aber ich glaube ich war genau so, als ich jung war.“ Kaum zu glauben, derart zugeknöpft und steif das adelige Dämchen einem erscheinen musste.

Wieder auf den Beinen und das weit weniger herausgeputzt als noch wenige Augenblicke zuvor, probierte sie den Schweinespeichel fort zu wischen. Sie bemerkte noch mit dem Senken des Armes eine Regung im Gesicht ihres Gegenübers. Nur für den Bruchteil eines Wimpernschlages, und doch war er kurz zu sehen gewesen. „Es ist schlimmer als vorher, oder?“ Kombinierte sie und seufzte theatralisch. Die Frau schien insgesamt recht fix mit ihren Gedanken, und auch einfühlend, denn sie zog rasch ein Stück Stoff hervor, und hielt es der Gräfin wohlmeinend entgegen. Mit einem „Vielen Dank.“ auf den Lippen nahm sie der Frau den Fetzen ab. „Ich hätte keine Honigbrote mitnehmen sollen..“ Mit der Feststellung warf sie dem Schwein das zerfledderte, und mit dreckigen Rüsselspuren bedachte Honigbrot vor die Schnauze um beide Hände frei zu haben.

Nebenher bekam Aurora große Augen. Ja tatsächlich ein Schloss! Faran nickte selbstischer zur Bekräftigung. Ein Bauernhof klag aber auch interessant. Welche Tiere es da wohl gab, überlegte er, als sein Schwesterchen sich einmischte. Wie ein edler Rittersmann verbeugte sich Faran anschließend, was seine Mutter auch registrierte. Diese hatte gerade mit mäßigem Erfolg versucht den Honig und den Dreck mit dem Tuch fort zu rubbeln, doch der Honig war äußerst hartnäckig. Entsprechend unglücklich wirkte sie über das Gesamtergebnis, und insbesondere über das klebrige Gefühl auf der Haut, aber als sie ihren Sohn da sah, den edlen Rittersmann mimen, schlich sich doch ein warmes Lächeln auf die kühlen Gesichtszüge.
„Wie ich sehe gehen uns die Kinder mit gutem Beispiel voran. Ich bin Magistra Atevora und die beiden Kinder in meiner Obhut sind Serafina und Faran. Und wie ist euer Name?“

Ja die Kinder hatten das einander vorstellen schon hinter sich gebracht und waren mit rasenden Schritten dazu übergegangen sich ihre Zukunftspläne zu offenbaren. Keine Frage, in Farans Augen war Aurora auch schon ganz sicher in späteren Jahren eine Drachenreiterin. „Und dann verhauen wir beide die bösen Schatten!“ Der Enthusiasmus sprang förmlich aus seiner Stimme, und hätte er sein Holzschwert dabei, dann hätte er es nun gezückt. So musste eine geballte Faust mit einem imaginären Luftschwert dazu herhalten. Die kleine Serafina, die nicht so genau wusste ob sie Drachenreiterin werden wollte, und bemerkte dass Faran sie gerade so seltsam auffordernd ansah, überlegte kurz. Schon dämmerte es ihr was er von ihr wollte. „Ich spiele nicht wieder den bösen Schatten.“ Brummte sie missmutig und verschränkte die Arme vor der Brust. „Abe..“ Begann Faran. „Nein.“ Die weißen gewellten Haare hüpften ein wenig als das Mädchen vehement den Kopf schüttelte. „Aber ich hab eine Idee!“ Man konnte noch ein Zucken von Farans Schultern erkennen. Die Ideen seiner Schwester waren meistens ganz gut. „Na Schöön.“ Entgegnete er also. Dabei klang dieses eine Wörtchen wie ein ganzer Satz, der da hätte lauten können: „Na gut, dir zu liebe, also was ist deine Idee?“ Das war doch Aufforderung genug für sein Schwesterchen kurz siegreich zu grinsen. Dann legte sie auch schon los: „Drachenreiter!“ Rief sie alarmiert. „Dort am Gehöft soll sich ein böser Böslingsschattenkönig eingenistet haben. Wir müssen ihn finden und bekämpfen!“
Diese sich anbahnende Queste war der Gräfin nicht entgangen.
„Moment!“ Schallte Atevoras Stimme befehlsgewohnt durch den Wald. „Zuvor müsst ihr, Magierin Serafina, entsandte des Hauses Diaspor, und ihr edlen Drachenreiter eure höchst ehrenhafte Mission noch von der Obrigkeit absegnen lassen!“